Die drei Stränge der Talentumschule

Honiglager im Gemeindesaal
In den den letzten Tagen habe ich viel darüber geschrieben, was wir in der Schule erlebt haben, vielleicht noch einige Gedanken philosophischer Natur gemacht. Heute soll es um die Geschichte der Talentumschule gehen. Die Talentumschule hängt bildlich gesprochen an einem Seil, das aus drei Strängen verdrillt ist.

Der erste Strang

Vor 1948 waren in den Gebäuden der heutigen Talentumschule eine katholische Schule untergebracht, deshalb steht das Schulhaus in unmittelbarer Nähe zur katholischen Kirche. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die kirchlichen Schulen verstaatlicht, so wurde die Schule in Göncruszka unter staatlicher Leitung weiter geführt, bis sie 2007 unter Protesten der Bevölkerung geschlossen wurde.

Der zweite Strang

Parallel zur Geschichte der staatlichen Schule von Göncruszka ist die Geschichte der reformierten Kirchgemeinde von Göncruszka zu erzählen: Seit Anfang der 50er- Jahre amtete hier 44 Jahre lang derselbe Pfarrer. 1997 zählte die Kirchgemeinde stolze 70 Mitglieder, war verwöhnt einen eigenen Pfarrer zu haben und verwaist. Immer wieder machte die Gemeinde den Vorstoss einen neuen Pfarrer zu bekommen, blieb aber mit diesem Ansinnen chancenlos. Das Pfarrhaus verlotterte, der Pfarrgarten verwilderte, die Mitgliederzahl schwand, der Wille einen eigenen Pfarrer zu bekommen blieb aber ungebrochen.

Der dritte Strang

Die dritte Geschichte ist die von Levente und Szusza das Pfarrehepaar
Beide haben Theologie studiert und schon im Vikariat (praktische Ausbildung zum Pfarramt) war ihnen klar in dieser Gegend in einer kleinen Gemeinde dereinst ins Pfarramt zu gehen. Levente bekam vom HEKS ein Stipendium und verbrachte als Stipendiat ein Jahr in Zürich. Szusza arbeitete im Kreis 4 in einem Schutzhaus, von hier hatte sie auch die Vision eines Schutzhauses für Roma in Vilmàny. Nach ihrer Rückkehr aus der Schweiz suchten sie sich ihr zukünftiges Wirkungsfeld und fanden dieses in Gönzruszka.

Die drei Stränge werden zu einem Seil verdrillt

Bevor die Kirchgemeinde Göncruszka eine Pfarrfamilie anstellen durfte, bekam sie die Auflage das Pfarrhaus zu renovieren. Der Garten war in all den Jahren seit 1997 dermassen verwildert, dass man nicht mehr auf den Hof fahren konnte. Im Wohnzimmer wuchs Gras, kurz, das Haus war in einem unbewohnbaren Zustand. Da die Gemeinde kein Geld hatte, musste das Pfarrhaus in ehrenamtlicher Arbeit wieder renoviert werden. Und da die Gemeinde vornehmlich aus alten und sehr alten Mitgliedern bestand, war dies eine Herculesaufgabe. Aber die Gemeinde hat das Unmögliche möglich gemacht und das Pfarrhaus für eine neue Pfarrfamilie hergerichtet. So hat zum Beispiel eine 85-jährige Frau auf den Knien den Parkett lackiert und als sie damit fertig war, hat sie gemerkt, dass das Fenster noch offen ist. Also ist sie durch den noch frischen Lack zum Fenster gegangen um es zu schliessen - Die Fussspuren sieht man bis heute... . Nun also war der Weg für eine neue Pfarrfamilie bereitet. 2004 fand Göncruszka dann in Levente und Szusza ihr neues Pfarrehepaar, die Gemeinde zählte damals noch gerade 63 Mitglieder.

Imkergrundschule in Göncruszka

Mit einem traurigen Ereignis wurde das Fundament für die spätere Talentum-Schule gelegt: 2009 starb Leventes Vater und vererbte seinem Bruder und ihm 25 Bienenvölker. Weil der Vater die Imkerei als seine ganz private Leidenschaft betrieb, hatten weder Levente noch sein Bruder irgend einen blassen Schimmer von Imkerei. Den beiden blieb also nichts anderes übrig, als die Bienen sich selber zu überlassen. Es ist davon auszugehen, dass das nicht das erste Mal war, dass die Bienen geschwärmt haben, aber das erste Mal, dass das jemanden ernsthaft gestört hat: Eine Frau rief Levente an und erklärte ihm nicht gerade in einem sanften Ton, sie hätte 98 Bienenstiche von seinen Bienen und man möge das stachlige Viehzeug nun endlich aus ihrer Umgebung entfernen... .
Also, was wollte Levente anders, als alle Bienenvölker nach Göncruszka zu holen und mit deren Bewirtschaftung zu beginnen. Aber das gibt Arbeit, viel Arbeit: Die Pflege der Völker, mehrmals jährlich Honigernten, etikettieren der Gläser, knacken der Baumnüsse für den Baumnusshonig etc. etc.. Das ist zuviel Arbeit für einen alleine. Also hat Levente begonnen mit den Senioren im Bibelkreis Nüsse zu knacken, Gläser zu etikettieren, und verband die theologische mit der handwerklichen Arbeit... .
Ursprünglich wollte er den Honig einfach verschenken, doch schon bald hat sich gezeigt, dass Göncruszka zu klein war, um hier allen Honig verschenken zu können. Also begann er den Honig zu verkaufen. Doch leider darf eine steuerbefreite Kirchgemeinde in der EU keinen Honig verkaufen, weil sie keine Mehrwertsteuernummer hat und Geld verdiente, das sie nie versteuern würde. Ein neues Hindernis war geboren, das nach einer neuen kreativen Lösung verlangte: Die GRProtest Nonprofit GmbH.

Morgen lesen Sie in diesem Blog, wie die GRProtest Nonprofit GmbH Levente und Szusza ein weiteres Mal aus der Patsche geholfen hat und sie nur dank der Kirchgemeindeeigenen GmbH die  Talentumschule gründen konnten.

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